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Wie wird aus einem Do-it-yourself-Projekt ein Kassenschlager?

Sie kamen am Knoten an. In einem Kölner Café beugen sich etwa 25 junge Damen und ein Mann über Tische, die mit bunten Kabeln bedeckt sind. Ihre selbst kreierte Wanddekoration wollte sie am Ende des Abends mit nach Hause nehmen. Susan und Sarah, die Workshop-Leiterinnen, demonstrieren, wie es funktioniert.

Generationen, die sich an den ursprünglichen Makramee-Knüpfwahn in den 1970er Jahren erinnern, sind erstaunt, dass die heutigen Dekorationsläden und sozialen Netzwerke mit Anleitungen, Materialien und geknüpften Anhängern randvoll sind. Pinterest, YouTube und Instagram verleihen dem Do-it-yourself-Wahn Auftrieb, was nichts Neues ist. Nähen, ein neues Bett knüpfen oder Makramee – Bastler und Enthusiasten finden online zu jedem Thema die passende Anleitung.

Sie geben weniger Geld aus, wenn Sie mehr von Ihrer eigenen Arbeit machen. Diese Tendenz entspricht zwar dem Zeitgeist der Nachhaltigkeit, ist aber eine schlechte Nachricht für alle, die von der Kauflust der Menschen profitieren wollen. Oder vielleicht doch? Darauf aufbauend haben die Macher der Berliner „Art Nights“ und „Plant Nights“ ein neues Geschäftsmodell geschaffen. Das Startup veranstaltet kreative Nächte in schicken Cafés mit gedämpftem Licht und entspannender Musik, ähnlich wie in Köln. Auf Instagram und anderen Social-Media-Plattformen werden sie mit verlockenden Fotos vermarktet, ohne den abstoßenden Charme einer Volkshochschule zu erahnen.

„Ich finde es kulturell spannend, dass es wieder eine Nachfrage gibt, Dinge selbst zu machen“, sagt Jutta Weber, Mediensoziologin an der Universität Paderborn. Selbermachen war lange „sehr unmodern“, nachdem Stricken und Handarbeiten in den 1970er und 1980er Jahren stark zugenommen hatten. Durch die Digitalisierung sind neue Formen, Trends und Angebote entstanden, sei es über Online-Kurse oder neue Technologien wie den 3D-Druck.

Im Trend liegt auch die Boutique „Create by Obi“ in der Kölner Innenstadt. Obis erster Laden startete als winzige Filiale in einer Fußgängerzone mit einem klaren Fokus auf die Heimwerker-leidenschaftliche Kundschaft. Neben der Kupferrohr-Wandgarderobe „Rohrnja“ sind minimalistische Blumenständer aus Holz angeordnet, dazwischen ein Uhrentisch aus Beton. Alles wird als komplettes Kit angeboten, das die Materialien, Anweisungen und einen Schwierigkeitsindex enthält. Die Mehrheit der Kunden ist jung und kommt zum Stöbern und Spazieren; nichts wie der normale Baumarkt-Konsument auf der konzentrierten Suche nach passenden Dübeln. Bosch bietet auch eine Website mit Do-it-yourself-Anleitungen sowie eine Anbindung an den eigenen Akkuschrauber im Onlineshop.
Tatsächlich ist Selbstermächtigung ein wichtiger und nützlicher Teil der Do-it-yourself-Bewegung. „So etwas untergräbt sie natürlich komplett“, ergänzt Forscher Weber. Wenn Sie Anweisungen nur stumpf befolgen, fördern Sie die Originalität nicht und sie wird schnell beschnitten. Der kreative Bedarf wird bei der Entwicklung und Vermarktung neuer Waren genutzt.

Die Idee scheint jedoch zu funktionieren. Trotz der hohen Ticketpreise sind die Workshop-Räume in Köln fast voll; Viele Menschen verschenkten die Tickets zu ihren Geburtstagen. Nicht alle sind leidenschaftliche Tüftler; Für viele ist die Motivation, gemeinsam etwas zu erreichen. „Normalerweise trinke ich lieber ein Bier in der Brauerei als so etwas“, erklärt Anna-Lena. Während ihre Tischnachbarinnen bereits Fortschritte sehen, hasst die 30-Jährige ihre ersten Knotenreihen noch immer. Die Manager hingegen haben ein Ziel vor Augen: Jeder soll mit einem fertigen Produkt nach Hause gehen.